Zur Phylogenie der Parametabola, unter besonderer Berücksichtigung der Phthiraptera.
DOI:
https://doi.org/10.21248/contrib.entomol.10.7-8.705-744Abstract
Auf der Grundlage der phylogenetischen Systematik im Sinne von Hennig wird in der vorliegenden Arbeit der Stammbaum der Parametabola untersucht. Aus den die verschiedenen Gruppen jeweils verbindenden abgeleiteten Merkmalen werden die nachstehenden phylogenetischen Folgerungen gezogen: Die Parametabola sind eine monophyletische Einheit. Die Zoraptera sind als primitivste Gruppe die Schwestergruppe aller übrigen Parametabola, der Acerearia. Psocodea und Hemipteria, die beiden Teilgruppen der Acercaria, sind Schwestergruppen, die jeweils monophyletisch sind. Die innere stammesgeschichtliche Struktur der Hemipteria wird in der vorliegenden Arbeit nicht näher diskutiert. Die Frage nach den Schwestergruppenverhältnissen innerhalb der Psocodea ist nur schwer zu beantworten, da die Phthiraptera einerseits eine durch abgeleitete Merkmale gut gesicherte monophyletische Gruppe darstellen, während sich andererseits bisher keine die Monophylie der Psocoptera, ihrer potentiellen Schwestergruppe, eindeutig beweisenden abgeleiteten Merkmale finden ließen. Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Analyse der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Phthiraptera. Eine große Anzahl von Synapomorphien sprechen dafür, daß Ischnocera, Anoplura und Rhynchophthirina zu einer monophyletischen Gruppe zusammenzuschließen sind, die in der vorliegenden Arbeit "Gruppe A" genannt wird. Nach den bis jetzt bekannten Merkmalen sind deren Schwestergruppe die Amblycera. Es ist aber denkbar, daß weitere Untersuchungen ergeben, daß die Amblycera keine natürliche Gruppe sind und daß nur ein Teil der Amblycera die Schwestergruppe der Gruppe A darstellt. Diesen Amblycera und Gruppe A stünden dann alle übrigen Amblycera oder wiederum nur ein Teil derselben als Schwestergruppe gegenüber. Ähnlich schwierig ist die Aufklärung der Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Gruppe A. Gewisse Anzeichen deuten darauf hin, daß die Trichodectidae an die Basis der Gruppe A zu stellen sind und somit die Schwestergruppe aller übrigen Angehörigen der Gruppe A wären. Es ist aber bis jetzt nicht möglich, diese Vermutung durch entsprechende abgeleitete Merkmale zu belegen. Die bisher bekannten Merkmale sprechen für die Monophylie der Ischnocera und Anoplura, doch ist es denkbar, daß sich für die Ischnocera eine Korrektur dieser Vorstellung erforderlich machen kann. Es ist nicht möglich, die Gruppe Mallophaga, zu der Amblycera und Ischnocera zusammengefaßt werden, durch Synapomorphien als eine natürliche Gruppe zu erweisen. Das ist besonders auffällig in Anbetracht der Vielzahl von Merkmalen, die sich für andere Gruppen anführen lassen. Der auf S. 707 als Diskussionsgrundlage aufgestellte Entwurf eines Systems konnte in seinen wesentlichen Zügen bestätigt werden, von Unklarheiten über die Monophylie bei einzelnen Teilgruppen, wie den Psocoptera, abgesehen (vgl. auch Fig. 2). Aus Fossilien ist zu folgern, daß die Abspaltung der Zoraptera spätestens im Perm erfolgt ist. Aus der Verbreitung der Anoplura, Trichodectidae u.a. auf ihren Wirten ergibt sich, daß die Hauptgruppen der Phthiraptera spätestens zu Beginn des Tertiärs schon existierten und daß die Entstehung der Phthiraptera in Form von amblycerenähnlichen Parasiten wahrscheinlich nicht nach der frühen Kreide zu datieren ist. Es liegt bisher kein ausreichendes Material vor, um zu entscheiden, ob die Phthiraptera auf Säugern oder auf Vögeln entstanden sind.